1. CI-Symposium in St. Wendel

Bericht zum 1. CI- Symposium in der Bosenbergklinik St. Wendel

vom 9.11. bis 10.11.2007

Die Bosenberg Klinik in St. Wendel im Saarland ist neben der Rehabilitation von Schwerhörigen, Ertaubten und Tinnitusbetroffenen seit dem 1. Januar 2007 auch anerkannte Klinik zur Rehabilitation von CI- Patienten.

Chefarzt ist der HNO- Arzt Herr Dr. Harald Seidler, welcher seit dem 1. Januar 2005 an der Klinik neben seiner HNO- Praxis in Neunkirchen die hörgeschädigten Patienten betreut.

Seit einiger Zeit befindet sich die Nachsorge für CI- Patienten in Deutschland im Umbruch, nachdem die Baumrainklinik in Bad Berleburg keine CI- Patienten mehr betreut. Neben der Bosenbergklinik in St. Wendel ist die Kaiserbergklinik in Bad Nauheim neu im Aufbau der Rehabilitierung von CI-Patienten begriffen.

Nicht nur die Betreuung von CI-Patienten steht in der Bosenbergklinik im Vordergrund, sondern auch die Entscheidungsfindung für oder gegen ein CI bei betroffenen Personen. Hier finden dann in der Klinik nicht nur die entsprechenden und erforderlichen Untersuchungen statt, sondern es wird unter anderem mit Fachleuten vieler Disziplinen geprüft, ob Probanden auch für ein CI und die nachfolgende Rehabilitation geeignet sind.

CI-Symposium hieß: Konferenz mit Beiträgen zum Thema CI.

Dabei wurde das Thema CI von verschiedenen Referenten bis hin zu Betroffenen in Vorträgen angesprochen. Die Vorträge gliederten sich in Blöcken wie: Neue CI-Systeme, Bedeutung der Selbsthilfe, Moderne CI-OP-Techniken, Konzepte der CI-Rehabilitation und Perspektiven der beruflichen Integration und Wiedereingliederung von Hörgeschädigten.

Diese Kombination stellte eine gute und interessante Mischung dar. Bemerkenswert war, daß die Fachleute sich nicht in professoralem Fachchinesisch ausließen und den Beträgen gut zu folgen gewesen ist. Unterstützt wurden die Vorträge durch Beamerpräsentation und als Novum einem Schriftdolmetscher, welcher über ein Spracherkennungsprogramm die Wortbeiträge mittels Beamer visualisierte.

Herr Dr. Seidler als Tagungsleiter eröffnete die Konferenz und die in Deutschland präsenten CI-Anbieter Advanced Bionics (Herr Pohl), Cochlea (Herr Osskopp) und MED-EL (Herr Wehsener) konnten in ihren Beiträgen die Vorzüge ihrer Produkte vorstellen.
MED-EL überzeugte u.a.durch die Fernbedienung, Cochlea hob die Anwendung von neuem Zubehör bei Kindern hervor und Advanced Bionics stellte die Möglichkeiten der Einstellungen bei der Elektrode vor.

Im 2. Teil kam die Selbsthilfe zu Wort. Bemerkenswert war, daß auf solch einem Fachsymposium Vertreter der Selbsthilfe zu Wort kamen, welches auch für eine solche Veranstaltung ein Novum darstellt. Fau Becker (HCIG), Frau Jung (DCIG) und Herr Raach (DSB) stellten ihre Selbsthilfeorganisationen vor.
Frau Jung stellte nicht nur ihren Werdegang zur CI-Trägerin vor, sondern auch die Ziele der DCIG und den Stellenwert der Selbsthilfe im Allgemeinen. Dieser Vortrag hat uns sehr imponiert. Werdegang und Zweck des DSB CI-Referats stellte Felix Raach in einem sehr engagierten Vortrag vor, denn das CI ist für den DSB zu einem wichtigen Feld geworden.

Der 2. Tag war im ersten Block ausgefüllt mit den Vorträgen von Herrn Prof. Dr. Marc Bloching. Homburg, Herr Prof. Dr. med Rauchfuss. Saarbrücken, Herr PD. Dr. Wolfgang Delb. Homburg.

Dabei stellte Herr Prof. Bloching die minimal invasive Operationsmethode vor. Eine Methode, mit welcher dem Patienten große Eingriffe im Kopfhautbereich erspart bleiben, die Wundheilung sehr verkürzt ist und die Wunde verklebt anstatt vernäht wird.

Herr Prof. Rauchfuss stellte moderne CI-Techniken vor und erläuterte, daß die Cochlea bereits bei Kleinkindern ausgewachsen ist und insbesondere die Elektrode im Kopfbereich moderat eingebracht werden sollte, da der Kopf bis hin zum Erwachsenenalter noch an Größe gewinnt.

Herr PD. Dr. Delb stellte die noch junge Methode der EAS (Elektro Akustische Stimulation) / Hybrid Versorgung vor. Hier ging es um die gehörerhaltende Implantation. Anhand von Studien gibt es gute Erfolge, daß der/ die Implantierte mit einem CI im Hochtonbereich und einem Im Ohr Hörgerät versorgt werden kann. Voraussetzung ist ein konstantes Resthörvermögen in den letzten zwei Jahren. Die Operation wird besonders schonend durchgeführt da der Bohrer eine Lautstärke von 130 dB erreicht und das Restgehör zusätzlich schädigt. Die Elektrode wird hierbei verkürzt in die Schnecke eingebracht.
Hier wurde aus dem Publikum die berechtigte Frage gestellt, warum nicht grundsätzlich alle CI OP’s restgehörschonend durchgeführt werden!!

Herr Dr. Seidler stellte in einem sehr engagierten und emotionalen Vortrag das Konzept der CI- Reha in der Bosenberg Klinik vor und verwies insbesondere auch auf die besonderen psychischen und physischen Bedürfnisse der Schwerhörigen und Ertaubten hin. Denn einfach nur ein CI zu implantieren sei nicht hilfreich und es bedarf weitergehender Betreuung der Betroffenen durch Logopäden, CI – Techniker, Audiotherapeuten und bei Bedarf auch eines Psychologen und eines Sozialarbeiters.
In der Bosenbergklinik findet täglich eine Einzelstunde und Gruppenstunde für das CI-Training statt. Einstellungen bei Herrn Bellagnech finden bei Bedarf auch 2-3 mal wöchentlich statt. Ganz wichtig ist auch, dieses kann ich (Elisabeth) aus eigener Erfahrung bei meiner CI-Reha im Sommer diesen Jahres dort bestätigen, ist der Erfahrungsaustausch bei einem Kommunikationscafe an jedem Freitag, wo Arzt, Audiotherapeuten, Logopäden, zukünftige Probanden und CI-Träger zusammenkommen. Imponiert hat mir die fächerübergreifende Zusammenarbeit aller Disziplinen und jederzeit ein Ansprechpartner bei meiner psychischen Erkrankung welches mir erst die Reha ermöglichte.

Anschließend stellte Herr Dipl. Psychologe Pingel das Thema CI und Hörgeschädigte aus psychologischer Sicht vor. Hier wurde besonders an Einzelfallbeispielen deutlich, daß Rehabilitanten in aller Regel weitergehende psychologische Hilfen benötigen um sich der verändernden und veränderten neuen Situation als CI-Träger bewußt zu werden.

Herr Dr. Büchner stellte das HZH (Hörzentrum Hannover) an der MHH (Medizinische Hochschule Hannover) vor. Dabei wurde erwähnt, daß die MHH in den jetzt 27 Jahren 3.500 CI’s implantiert hat und es werden jährlich stetig mehr Patienten, welche in Hannover Hilfe suchen. Ab 2008 sind es 350 Implantationen pro Jahr!. Neu ist im HZH die Möglichkeit der Hörprüfung in einer Kabine mit realen Störschalleindrücken. Von mir wurde kritisch angemerkt, wie die Qualität der Nachbetreuung bei gleich bleibendem Personalbestand aufrecht erhalten werden kann. Hier wird nach neuen Wegen in Wohnort naher Betreuung gesucht, auch mit den Reha- Kliniken.

Herr Prof. Hoppe stellte die Melodieerkennung bei CI-Trägern vor. Es handelte sich dabei um ein Forschungsprojekt zur Musikerkennung, welches an Hand von 10 willkürlich ausgewählten CI-Probanden mit unterschiedlichen Implantaten und weiteren Guthörenden signifikant gute Ergebnisse zeigte. Es wurde auch ein enger Zusammenhang zwischen Sprachverstehen und Musikerkennung deutlich.

Herr Dipl. Ingenieur Bellagnech stellte sein Konzept der CI-Einstellung in der Bosenberg Klinik vor und erläuterte insbesondere, wie wichtig die genaue Beschreibung der Höreindrücke für eine erfolgreiche CI-Einstellung ist. Hier wird dem Patienten eine Lautheitsskala und eine Wortliste mit Höreindrücken zur Verfügung gestellt.

Zwei Patienten der Bosenbergklinik schilderten anhand eines Dialoges wie sie mit CI wieder Musik hören und auch selbst wieder ein Instrument spielen können. Dieses zeigte die Begeisterung der beiden jungen CI-Träger über ihre neu gewonnene Hörfreiheit und ließ viel Hoffnung für die Zukunft der beiden aufkommen.

Auch wir die Unterzeichner, konnten nach erfolgreicher Einstellung bei Herrn Bellagnech ein eigenes Musikprogramm programmieren lassen Dieses zeigt ein wesentlich besseres Timbre und bessere Höreindrücke als gewohnt. Nebenbei stellten wir fest das diese Programm auch für die Sprache einfach super ist.
Wir sind begeistert!!

Zum Schluss stellte Herr Schenk die berufliche Wiedereingliederung von CI- Trägern im Berufsbildungswerk Heidelberg (SRH) vor. Hier wurde deutlich, dass im SRH nicht nur Behinderte (ca. 2.000) der verschiedensten Beeinträchtigungen, sondern auch Nichtbehinderte (ca. 3.000) ausgebildet werden. Es steht eine Vielzahl an Hilfen und Möglichkeiten bereit, damit Betroffene zu einem gewünschten Ziel und Abschluss kommen. Eine junge CI- Trägerin stellte sich und ihre Ziele am SRH vor, so das deutlich wurde, welche Vorzüge das SRH hat.

Dieser Beitrag zeigt nur eine kurze Zusammenfassung der Vorträge die sehr ausgewogen und interessant .waren.

Wichtig waren auch die Aussteller der o.g. Implantatfirmen und der Firma Humantechnik die in optimaler Weise im Vortragsraum untergebracht waren und in den Pausen viele Fragen beantworteten.

Hervorragend war auch die Küche, welche für unser leibliches Wohl sorgte.
Ebenso die lockere Atmosphäre und der Erfahrungsaustausch der Referenten und Mitarbeiter der Klinik mit uns Betroffenen und Interessierten.
Der gemütliche Abend im Posthotel in St. Wendel mit vielen Teilnehmern soll nicht unerwähnt bleiben.

Herr Dr. Seidler schloss die Veranstaltung mit guten Wünschen zu einem Wiedersehen im kommenden Jahr, denn das Symposium soll nun regelmäßig stattfinden. Ebenso werden CI Entscheidungsfindungs Seminare in 2008 angeboten.

Alles in allem hat es sich gelohnt nach St. Wendel zu fahren. Mit vielen neuen Eindrücken fuhren wir nach Hause. Vieles davon können wir in unserem Ortsverein in Bielefeld weitergeben.

Elisabeth Birkenstock
Hermann W. Aufderheide

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