Die CI-Resolution der DG

Die Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten-Selbsthilfe und Fachverbände e.V. (DG) hat im November 2010 eine Resolution veröffentlicht, die sich mit dem CI beschäftigt. Es geht um Eltern, die von Behörden bedroht worden sein sollen, weil sie einer CI-Operation ihres gehörlosen Kindes nicht zustimmen wollten.

Die Resolution wurde auf der Internetseite des DSB veröffentlicht. Es wurden dem DSB 4 Stellungnahmen kritischer Selbstbetroffener geschickt, eine Veröffentlichung erfolgte ohne Angabe von Gründen bisher jedoch nicht. Da wir die Stellungnahmen und eine offene Diskussion über das Thema und die damit verbundene Problematik fördern wollen, veröffentlichen wir hiermit die 4 Stellungnahmen, in alphabetischer Reihenfolge, wobei nach dem Motto „LADIES FIRST“ der Dame der Vortritt gelassen wird.

Stellungnahme zur Resolution gegen „einseitige Beeinflussung“ zum Cochlea-Implantat (CI)

Von Dieter Meier

Der Resolution ist insoweit zuzustimmen, als eine einseitige Beeinflussung Hörgeschädigter zum CI nicht hingenommenen werden kann. Die Androhung von Zwangsmaßnahmen für den Fall, dass die Zustimmung verweigert werde, ist ein eklatanter Rechtsverstoß. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist unmittelbar geltendes Recht, das Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung bindet (Art. 2 Abs. 2 u. 1 Abs. 3 des Grundgesetzes). Die freie Zustimmung zu einem solchen körperlichen Eingriff ist unverzichtbar.

Nach meinen jahrzehntelangen Erfahrungen als Verwaltungsbeamter, der auch für den Verwaltungsnachwuchs engagiert war, weiß ich, dass die oben dargelegten Regelungen fundamentale Grundsätze für Ausbildung und Prüfung Auszubildender sind; der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist oberstes Gebot in der deutschen öffentlichen Verwaltung. Deswegen kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass sich im zunehmenden Maße Fälle mehren, in denen für den Fall der Verweigerung einer CI-OP rechtswidrige Zwangsmaßnahmen angedroht werden. Das können nur Einzelfälle sein, die unkontrollierte, irrige Mitarbeiter zu verantworten haben.
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Stellungnahme zur Resolution der Deutschen Gesellschaft der Hörgeschädigten-Selbsthilfe und Fachverbände e.V.

Von Renate Löhr

Zunächst einmal freue ich mich darüber, dass die 24 Mitgliedsverbände der Deutschen Gesellschaft die Resolution einstimmig verabschiedet haben. Dass eine so große Zahl von Verbänden sich einig sind, ist nicht selbstverständlich und verdient daher meine Anerkennung.

Worin stimmen die Verbände überein? Darin, dass Eltern frei und eigenverantwortlich und selbstbestimmt entscheiden dürfen, wenn es um das Wohl ihrer hörbehinderten Kinder geht. Das Elternrecht ist in unserer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung eindeutig formuliert. Im Grunde ist das eine Selbstverständlichkeit.

Worin besteht nun das Problem, das 24 Verbände auf den Plan gerufen hat?
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Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Von Hermann W. Aufderheide

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“
(Hermann Hesse, 1877-1962)

Diesen Satz von Hermann Hesse finde ich bezogen auf die zur Zeit stattfindenden Diskussionen zum Für und Wider der CI-Operationen bei Neugeborenen und Kleinkindern gedanklich außerordentlich reizvoll.

Denn die Geburt eines Kindes ist als der Zauber des Anfangs eines Lebens und das eines Wunders zu bezeichnen.

Und mit einer CI-Implantierung eines Kindes findet der Anfang des Zaubers des Hörenkönnens und Sprechenlernenkönnens statt, wenn das Kind taub geboren ist und nicht mehr wie in früheren Zeiten ein beschwerliches Leben am Rande der lautsprachlich orientierten Gesellschaft führen muß.
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Zehn Thesen zur Frage Elternrecht oder Kindeswohl

Von Rolf Erdmann

VORBEMERKUNGEN

Die von der Deutschen Gesellschaft der Hörgeschädigten-Selbsthilfe und Fachverbände e.V. am 13.11.2010 beschlossene Resolution scheint mir tendenziell gegen das CI gerichtet zu sein.

In den nachstehenden Thesen lege ich meine Gründe dar, warum ich diese Resolution als eine sehr einseitige Stellungnahme ablehne.
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